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GUIDE VELO

Massnahmen zur Veloförderung

Einleitung

Für wen das Velo fördern?

Vielfalt der Menschen, die mit dem Velo unterwegs sind

In der Regel wird allgemein von «Velofahrer:innen» gesprochen. Dieser Leitfaden bildet hier keine Ausnahme. Jedoch wäre es korrekter, von «Menschen, die sich mit einem Velo fortbewegen» zu sprechen, da diese sehr unterschiedlich sind (Abbildung rechts). Sie unterscheiden sich in Bezug auf:

  • Soziodemografisches Profil: Alter, Geschlecht usw.
  • Übung im Velofahren (Erfahrungsniveau), Fahrkompetenzen und Bedarf an Infrastruktur (insbesondere an den Grad der Trennung vom motorisierten Verkehr);
  • Merkmale der Fahrten: Alltagsverkehr (Velo als Fortbewegungsmittel) oder Freizeitverkehr (Velo als Freizeitbeschäftigung oder Sport), Distanz, Dauer, Geschwindigkeit;
  • Arten von Velos (siehe nächster Abschnitt).

Nutztypen Veloverkehr, Quelle: ASTRA und Velokonferez Schweiz 2021

Es ist essenziell, die Vielfalt der verschiedenen Nutzer:innen im Veloverkehr zu berücksichtigen. Das von Gemeinden immer häufiger verwendete Modell «8–80» empfiehlt beispielsweise, das Veloverkehrsnetz so zu gestalten, dass Menschen zwischen acht und 80 Jahren selbständig Velo fahren können. Entsprechend diesem Grundsatz wird in den Niederlanden eine Infrastruktur, welche es einem 8- bis 10-jährigen Kind nicht ermöglicht, selbständig unterwegs zu sein, als nicht-velofreundlich eingestuft. Wie sieht es in Ihrer Gemeinde und Region aus?

Die Anforderungen an die Veloinfrastruktur können mit einer Typologie zusammengefasst werden, die von Geller (2006) am Beispiel von Portland in den USA entwickelt wurde (Abbildung unten). Relevant daran ist die Unterscheidung und der Einbezug von vier Kategorien von Velofahrer:innen, die überall vorkommen. Die in Prozentzahlen aufgeführten Anteile der Velofahrenden, welche zu einer Kategorie zählen, sind lediglich Schätzungen und zeigen deren Grössenordnung auf:

  • Die «Geschickten und Unerschrockenen», beispielsweise Velokurier:innen, fühlen sich auch ohne spezifische Veloinfrastruktur wohl, machen aber weniger als 1% der Bevölkerung aus;
  • Die «Motivierten und Zuversichtlichen» fahren gerne regelmässig mit dem Velo, erwarten aber bestimmte Infrastrukturen;
  • Die «Interessierten, aber Besorgten» wären bereit, mehr Velo zu fahren, wenn die Infrastruktur ausreichend ausgebaut wäre, um ihre Sicherheit zu gewährleisten. Sie stellen die grösste Kategorie dar und haben das grösste Potenzial für die Veloförderung;
  • Die «Verweiger:innen» wollen oder können unabhängig von der vorhandenen Infrastruktur nicht Velo fahren.

Lückenhafte und mangelhafte Infrastrukturen beschränken den Veloverkehr auf die motiviertesten und erfahrensten Personen. Das Ziel einer Veloförderungs-Politik sollte daher darin bestehen, den Fokus so zu verlagern, dass auch die Gruppe der «Interessierten, aber Besorgten» regelmässig mit dem Velo unterwegs sein kann.

Vier Typen von Velofahrer:innen in der Bevölkerung

Vielfalt an verschiedenen Velos

Es existiert eine Vielzahl an verschiedenen Velotypen. Grundsätzlich wird zwischen Stadtvelos, Rennvelos und Mountainbikes unterschieden. In den letzten 20 Jahren sind zu dieser Unterscheidung noch weitere Typen hinzugekommen:

  • E-Bikes: Velos mit elektrischer Tretunterstützung (bis 25 km/h oder 45 km/h)
  • Leihvelos (Bikesharing)
  • Cargobikes oder Velos mit Anhänger oder Kindersitzen
  • Faltvelos / Klappvelos
  • Spezialvelos (Liegevelos, Velomobile) oder an bestimmte Bedürfnisse angepasste Velos (z.B. Dreiräder)

Diese Diversifizierung erweitert die Bandbreite des Velofahrens. E-Bikes eröffnen einem breiteren Publikum den Zugang zum Velo und vereinfachen das Zurücklegen von längeren Strecken und grösseren Höhenunterschieden. Cargobikes und Veloanhänger ermöglichen den Transport von Kindern, Material und Gepäck. Faltvelos und Veloverleihsysteme lassen sich besonders gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln kombinieren.

Velo-Infrastrukturen und -Abstellplätze müssen so dimensioniert werden, dass sie den Anforderungen unterschiedlicher Velotypen gerecht werden. Ein Standardvelo ist zwischen 0.7 und 1 Meter breit sowie 1.8 bis 1.95 Meter lang. Cargobikes und Velos mit Anhänger sind jedoch deutlich länger. Auch die Gestaltung der Infrastrukturen sollte die Koexistenz verschieden dimensionierter Velos zulassen und das Überholen zwischen Velos ermöglichen. Letzteres wird zunehmend relevanter, da der Veloverkehr allgemein zunimmt und insbesondere auch der Anteil der E-Bikes, deren Fahrgeschwindigkeiten höher sein können, besonders bei Steigungen. Zudem verkehren immer mehr E-Trottinette auf Veloinfrastrukturen.

Lichtraumprofil verschiedener Velos. Quelle: Velostandards Stadt Biel, 2019

Zusammengefasst weist das Velofahren sieben Besonderheiten auf, die bei der Planung der Infrastrukturen berücksichtigt werden müssen (Quelle: CROW Design Manual for Bicycle Traffic 2016):

  1. Velos werden – ganz oder teilweise – durch Muskelkraft angetrieben.
  2. Das Velofahren ist ein Balanceakt.
  3. Das Velo hat keine Schutzhülle wie Autos.
  4. Das Velo hat wenig Federung.
  5. Velofahrende sind der Witterung ausgesetzt.
  6. Das Velofahren ist eine soziale Aktivität (Velofahrende fahren daher gerne nebeneinander).
  7. Velofahrende haben unterschiedliche Bedürfnisse.

Checkliste 1

  • Welchen Stellenwert hat das Velo in Ihrer Gemeinde und Ihrer Region? Wie sieht es in ähnlichen Gemeinden und Regionen aus?
  • Wer fährt derzeit mit dem Velo? Wird das Velo als Fortbewegungsmittel, in der Freizeit oder für den Sport genutzt?
  • Welche Arten von Velos sind am häufigsten anzutreffen?
  • Was sind die Merkmale der Velofahrten (Start und Zielorte, Häufigkeit, Saisonalität usw.)?
  • Wer fährt wenig – oder gar nicht – Velo? Wie ist es bei Kindern?

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